Das Thema Scham ist der Pflege häufig anzutreffen. Diejenigen, die sich um die Pflege kümmern, und insbesondere pflegende Angehörige kann das vor große Herausforderungen stellen.

Pflegebedürftige Menschen sind oftmals nicht mehr dazu in der Lage, eine Situation richtig einzuschätzen oder ihre Bedürfnisse so auszudrücken, dass sie der pflegende Mensch versteht. Das kann insbesondere in Situationen zu Problemen führen, die mit Scham verbunden sind.

Das Gefühl der Scham sorgt bei den Menschen und auch bei vielen Tieren für gesellschaftskonformes Verhalten. Teilweise ist das Gefühl angeboren, teilweise wird es erlernt, zum Beispiel, wenn ein Kind irgendwann nicht mehr möchte, dass es von Papa oder Mama auf die Toilette begleitet wird.

Pflegebedürftige Menschen können Situationen, die normalerweise mit Scham behaftet wären, nicht immer aus dem Weg gehen, weil sie alleine nicht mehr in der Lage sind, bestimmte Handlungen auszuführen, wie zum Beispiel die tägliche Körperhygiene. Sie sind auf Unterstützung angewiesen.

Vor allem dann, wenn die Pflege durch einen Angehörigen durchgeführt wird, kann dies für beide Seiten unangenehm sein, denn die Beteiligten treffen sich in einer Situation, in der sie sich normalerweise niemals gemeinsam befinden würden.

Hier kommt es auf Fingerspitzengefühl und das sensible Aufnehmen von Signalen an. Die pflegende Person sollte genau darauf achten, ob ihr Klient Unwohlsein anzeigt. Gerade bei Menschen mit geistigen Einschränkungen wie bei einer Demenz kann diese Deutung schwerfallen. Umso mehr Aufmerksamkeit ist gefragt.

Beispiel: das Entkleiden vor dem Waschen. Dies kann für die pflegebedürftige Person unangenehm sein und sich zum Beispiel darin äußern, dass sie ihre Bettdecke über den Körper zieht. Doch auch für die pflegenden Angehörigen kann Scham ein Problem darstellen, etwa wenn die Tochter den eigenen Vater plötzlich nackt sieht.

Solche Signale sollten ernst genommen werden und entsprechend der Situation in Handlungen münden, welche zu einer Entspannung führen. Ob dies zum Beispiel mit einem lockeren Spruch oder tröstenden Worten geschehen kann, obliegt der Einschätzung der pflegenden Person – sie hat das Heft in der Hand und sollte dies bestmöglich nutzen.

Ein Patentrezept für solche Situationen gibt es nicht. Es kommt hier stark auf das Verhältnis von pflegender und pflegebedürftiger Person an.

Kommunikation ist dabei ein probates Mittel: Wenn es gelingt, eine Verständnisebene zu finden und zum Beispiel die pflegende Person die jeweils nächste Handlung ankündigt, kann dies dabei helfen, Überraschungen und Widerstand zu vermeiden.

Wie in vielen Situationen kommt es also auch beim Verhältnis zwischen Pflegekraft und Klient auf die Chemie an. Wenn diese stimmt, können auch schambehaftete Momente gemeistert werden.

 

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