Die bisherige Vorgehensweise beim sogenannten Pflege-TÜV ist laut Experten zu unkritisch und führt zu unrealistisch guten Noten. Durch eine Reform des Pflege-TÜVs soll sich dies nun ändern.
Der sogenannte Pflege-TÜV ist ein Verfahren, im Zuge dessen der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) alle Pflegeeinrichtungen im Hinblick auf ihre Qualität überprüfen soll. Die Bewertungen sind öffentlich einsehbar und sollen pflegebedürftigen Personen und deren Angehörigen eine Hilfestellung bei der Auswahl der passenden Pflegeeinrichtung bieten.
Insgesamt 82 Kriterien werden dabei geprüft, wovon 64 der MDK selbst übernimmt, während die übrigen 18 Kriterien auf Basis von Kundenbefragungen ermittelt werden. Für ambulante Pflegedienste liegt die Anzahl der Kriterien bei 49, von denen 37 auf den MDK und 12 auf Befragungen entfallen.
Allerdings handelt es sich bei dieser Bewertung um keine TÜV-Zertifizierung. Es gibt auch eine Überprüfung durch den TÜV, die als Ergänzung für die Bewertung durch den MDK angesehen werden kann. Hierbei geht es vor allem um das Qualitätsmanagement von Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern im Hinblick auf die Standards nach DIN EN ISO 9001.
Kritik am bisherigen „Pflege-TÜV“
Die Kritik an der bisherigen Prüfungsweise durch den MDK richtet sich vor allem gegen die Erfassungsmethode der Daten: Bisher war deren Gegenstand hauptsächlich die Dokumentation der Pflegeeinrichtungen. So wurde vor allem das bewertet, was sich in den Unterlagen der Institutionen wiederfand.
Tatsächliche Vorfälle wie Stürze, fehlendes Personal und andere Probleme flossen nur in die Bewertung ein, wenn diese auch dokumentiert wurden. Das Interesse der Einrichtungen, solche Dinge festzuhalten, ist naturgemäß begrenzt, denn es könnten sich daraus schlechtere Bewertungen ergeben.
All das resultierte in einem für die Pflegeeinrichtungen traumhaften Notendurchschnitt von bundesweit 1,2. Landesweit lag der Durchschnitt zwischen 1,1 und 1,4. Dies passt wohl kaum zu den häufigen Berichten über gravierende Probleme in vielen Pflegeeinrichtungen.
Reform des „Pflege-TÜVs“
Um zu einer transparenteren und realistischeren Bewertung zu kommen, soll es daher eine Reform des „Pflege-TÜVs“ geben. Ein Team rund um den Bielefelder Pflegewissenschaftler Klaus Wingelfeld soll dazu den Rahmen vorgeben und die Grundzüge eines neuen Bewertungsverfahrens definieren.
Im Kern der Veränderungen befinden sich Vor-Ort-Prüfungen. Zwar wird auch weiterhin die Dokumentation von Vorkommnissen wie Stürzen oder Wundliegen bewertet. Diese sollen jedoch stichprobenartig auf ihre Verlässlichkeit und Validität geprüft werden. Hinzukommen weitere Vor-Ort-Termine, die ebenfalls Bestandteil der Bewertungen werden sollen.
Für pflegebedürftige Personen und deren Angehörige soll es zur Orientierung ein System aus Symbolen oder Punkten geben, anhand derer sich leicht ablesen lässt, ob eine Einrichtung über oder unter dem Durchschnitt liegt.
Wann der neue „Pflege-TÜV“ tatsächlich im Kraft treten wird, steht noch nicht fest. Derzeit wird für Ende 2019 damit gerechnet. Allerdings steht zu erwarten, dass es noch zu Widerstand und Änderungswünschen seitens Lobbyisten der Pflegedienste und Pflegeeinrichtungen kommen wird – immerhin steht zu erwarten, dass sich die bisherigen Bewertungen deutlich verschlechtern und die Unterschiede zwischen den einzelnen Bewertungen größer werden.